10.05.2017

"Die Kasse ist Dienstleister und Partner der Beteiligten und Versicherten!"

Vor gut einem Monat hat die KZVK mit Dr. Ulrich Mitzlaff (50) ihren ersten Vorsitzenden des Vorstands bekommen. Sich einfinden und viel zuhören will er, doch für die ersten Wochen und Monate hat der studierte Mathematiker auch schon viele Pläne. Die Ausfinanzierung der sogenannten Altverpflichtungen durch den Finanzierungsbeitrag ist dabei eines seiner Kernthemen.

Es stellt sich vor: Dr. Ulrich Mitzlaff, Vorsitzender des Vorstands.

Sie sind jetzt seit rund einem Monat bei der Kasse. Haben Sie einen konkreten Plan für Ihre ersten 100 Tage?
Ja und nein. Ich sträube mich dagegen, einen zu festen Plan zu haben, denn das hieße ja, ich wüsste schon über alles Bescheid. Ich möchte erst einmal zuhören und herausbekommen, was hinter den Dingen steckt. Auf der anderen Seite wäre es töricht zu sagen, ich hätte keine Vorhaben oder Ideen. Es gibt vier Kernthemen, mit denen ich mich in diesem Quartal in der Tiefe beschäftigen möchte:

Das Erste ist die Strategie. Ich möchte mich des Themas intensiv annehmen und es so weiterentwickeln, dass wir am Ende eine ganzheitliche Geschäftsstrategie aus einem Guss haben. Das zweite Thema betrifft die ökonomische Deckungslücke, die Finanzierungssituation allgemein und insbesondere den Finanzierungsbeitrag. Hier würde ich gerne versuchen herauszubekommen, welche Optionen wir haben und wie wir uns gemeinsam mit den Beteiligten den Herausforderungen stellen können, die der Finanzierungsbeitrag mit sich bringt. Das dritte große Thema ist die Zusammenarbeitskultur. Wie wollen wir miteinander arbeiten? Und viertens: Sind unsere Prozesse und Strukturen die Richtigen? Wir brauchen Prozesse, die den drei ersten Themen – also Strategie, Finanzierung und Kultur – am besten dienen.

Ein Thema steht dabei über allem, und das ist die Kommunikation. Es ist ganz entscheidend, dass wir mit allen für uns relevanten Gruppen intensiv, sehr offen und proaktiv kommunizieren. Das fängt bei den Beteiligten an, geht weiter in die verfasste Kirche, zu den Dienstnehmern, in die Gremien und bis hinein ins eigene Haus.

Was glauben Sie, wird die Position des Vorstandsvorsitzenden für die Kasse verändern?
In Deutschland ist es ja so, auch in Aktiengesellschaften, dass wir immer eine Gesamtvorstandsverantwortung haben. Insofern ist der Vorstandsvorsitzende nicht der alleinige Chef des Unternehmens. Vergleichbar ist das vielleicht ein bisschen mit der Bundesregierung. Die Bundeskanzlerin ist formal auch nicht die Chefin der Minister, aber sie hat eine gewisse Richtlinienkompetenz und in der Praxis ist sie dann eben doch die Chefin. Bei uns hat natürlich wie bisher jeder Vorstand seine Ressortverantwortung. Und gleichzeitig geht es darum, eine gemeinsame Verantwortung für die Kasse wahrzunehmen. Der Unterschied wird darin bestehen, dass es einen festen Repräsentanten nach außen gibt und keinen wechselnden Sprecher. Dass es einen eindeutigen Ansprechpartner für den Aufsichtsratsvorsitzenden gibt. Und eben, dass ich eine gewisse Richtlinienkompetenz habe. Außerdem stellt diese Position sicher, dass jemand das große Ganze im Blick zu haben hat.

Welche Veränderungen wünschen Sie sich für die Kasse in der Zukunft?
Ob es eine Veränderung ist, hängt davon ab, wie die Gegenwart beschrieben wird. Mein bisheriger Eindruck aus Gesprächen mit Beteiligten und dem VDD ist der, dass die Kasse von vielen Beteiligten – vor allem von den großen Krankenhäusern – bisher als "Kasse der Bischöfe" betrachtet wird. Ich glaube, das ist nicht zutreffend. Denn das, was die Bischöfe nach meinem Verständnis wollen, ist nicht die Kasse um der Kasse willen, sondern den Mehrwert, den die Kasse den Dienstnehmern bietet: eine Zusatzversorgung, die dem öffentlichen Dienst angeglichen ist. Ich bin überzeugt davon, dass wir als Kasse ein verlässlicher Partner und Dienstleister der Beteiligten und Versicherten sein müssen und als solcher wahrgenommen werden. Wir sind das Vehikel, um die Versorgungsverpflichtung, auf die die Beteiligten sich festgelegt haben, durchzuführen.

Zu den großen Themen der Kasse gehört aktuell auch der Finanzierungsbeitrag. Viele Beteiligte haben noch offene Fragen oder sind unzufrieden. Wie werden Sie damit umgehen?
Das Entscheidende ist, dass wir Denkmuster überwinden, die zu bestehen scheinen. Wir haben um die 8.000 Beteiligte und 1,2 Millionen Versicherte, und ich würde mir nicht anmaßen, für alle sprechen oder die Sichtweise aller nennen zu können. Aber es scheint mir, dass wir in gewissen Positionen gefangen sind. Die einen sagen, der Finanzierungsbeitrag bzw. wie Ihr die Lücke schließen wollt, das geht so nicht. Und die anderen sagen, die Lücke kann aber nur so geschlossen werden.

Mit dem Finanzierungsbeitrag soll die Finanzierungslücke verursachergerechter geschlossen werden als das beim Sanierungsgeld der Fall war. Dies bringt jedoch verschiedene Herausforderungen mit sich. Da ist zum Beispiel das Prinzip der Einheitlichkeit der Versorgungszusage, welches im Grunde aus der früheren Gesamtversorgung kommt. Dass der letzte Dienstherr die gesamte Versorgung tragen muss, ist ein Tarifvertragsprinzip, welches weder die KZVK noch der Finanzierungsbeitrag eingeführt haben. Aber unter der Mechanik des Finanzierungsbeitrags treten die Auswirkungen dieser Regelung in zuvor nicht gesehener Weise zutage. Wir wollen gemeinsam mit den Beteiligten Lösungen der Finanzierungsthematik finden, die fair, transparent und tragfähig sind. Denn eines ist klar: Die Versorgungszusagen sind ausgesprochen und es ist neben der juristischen Verpflichtung auch eine Frage der Verbindlichkeit, diese zu erfüllen. Klar ist aber auch: Je länger wir uns auf eine tragfähige alternative Lösung zu verständigen versuchen, desto größer wird die Deckungslücke und damit die Last für die Beteiligten. Denn das Sanierungsgeld wurde mit den darauf in der Vergangenheit erzielten Erträgen zurückgezahlt.

Was haben Sie als Berufseinsteiger gelernt, was auch heute noch für Ihren Arbeitsalltag unersetzlich ist?
Sowohl im Traineeprogramm als auch in meiner Zeit an der Hochschule habe ich gelernt, dass unsere Kernherausforderung Kommunikation ist. Wir wurden damals danach ausgewählt, ob wir zuhören können, ob wir genauso glaubwürdig über die Geranien im Blumentopf sprechen können wie über die Geschäftsstrategie. Und ich glaube, das ist etwas ganz Wesentliches – insbesondere je mehr Verantwortung man übernimmt. Um es bibilisch und mit Paulus zu sagen: Sei den Juden ein Jude, den Griechen ein Grieche. Und so ist es auch – dem Beteiligten gilt es ein Beteiligter zu sein, dem Kapitalanleger ein Kapitalanleger und dem Versicherten ein Versicherter. Nicht im Sinne von "Ich spiele irgendeine Rolle", sondern in dem Sinne, dass ich die Bereitschaft und die Fähigkeit habe, mich auf seinen Stuhl zu setzen. Wir haben das ganz oft im Wirtschaftsleben: Jeder sitzt auf "seiner Insel" und die Kommunikation ist schwer, weil wir nie auf der Insel des anderen gesessen haben. Wenn wir das aber zumindest mal gedanklich tun, dann realisieren wir, die Welt sieht völlig anders aus.

Wohin geht Ihrer Ansicht nach die künftige Entwicklung von betrieblicher Altersversorgung und Zusatzversorgung?
Das Problem mit dem Dreischichtenmodell ist unter anderem ein demografisches: Immer weniger Beitragszahler finanzieren immer mehr Rentner. Und das ist nicht leicht zu lösen. Ich glaube, was wir in jedem Fall brauchen, ist ein höherer Durchdringungsgrad der betrieblichen Altersversorgung. Der ist in Deutschland, verglichen mit anderen Volkswirtschaften, deutlich zu klein. Wobei die Kasse sicher einen Beitrag leisten kann: Wir alle sollten ein Bewusstsein in der Bevölkerung schaffen, dass Vorsorge wichtig und möglich ist. Und bei der Frage "Wie kann ich vorsorgen?" können wir in unserer Rolle als Zusatzversorgungskasse mit der freiwilligen Versicherung gute Angebote machen. Und natürlich können wir dazu beitragen, dass die Beteiligten die Versorgung als das sehen, was sie ist: ein Gewinn und eine vorausschauende Investition in die Zukunft.

Vielen Dank!

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